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Radeltour 2006

 

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Ankunft in Münster

 

Wie in den vorigen Jahren reiste ich schon am Vortag der Radeltour 2006 an und bezog kurz nach Mittag das Hotel Jellentrup, welches Wulf für den letzten Tag der Reise: "Auf den Pättkes halb rund um Münster (13.-21. Mai)" für die Gruppe bereits reserviert hatte. Den Nachmittag verbrachte ich dann mit der Besichtigung des historischen Stadtbildes.

 

Die Innenstadt lockte mich gastlich, doch die deftigen Spezialitäten
Westfalens schienen mir zu mächtig


Rechts: Mir stund der Sinn mehr nach einem Espresso im
Café Kleimann am Prinzipalmarkt

 

Plan von Münster aus dem 18. Jahrhundert. Man erkennt
den freien Platz in der Mitte mit dem mächtigen St. Paulus-Dom
 und das Halbrund des Prinzipalmarkts
an dem sich die Lambertikirche erhebt

Wenig hat sich geändert am Stadtbild. Ganz rechts
 am Prinzipalmarkt zeigt sich die Front des historischen Rathauses., in der Mitte liegt der romanische Dom und im Vordergrund erhebt sich der Turm der gotischen Überwasserkirche

 

 Das Rathaus in Münster war Tagungsort des Friedenskongresses zwischen 1643 und 1648, der den Dreißigjährigen Krieg in Europa beendete, aber nicht den 80-jährigen Krieg zwischen Spanien und seinen batavischen Provinzen. Doch bescherte der Westfälische Frieden den Niederländern mit dem Ausscheiden aus dem Reichsverband die Unabhängigkeit.

 

Ein Bild des Friedenssaales - die im Hintergrund zu erahnenden Vertäfelungen waren im zweiten Weltkrieg ausgelagert und sind deshalb erhalten - nebst einer Beschreibung der Kriegsfolgen des Dreißigjährigen Krieges für das teutsche Vatterland findet ihr hier.

 

Bronze des Christoph Bernhard Graf von Galen (1606-1678) in Lüdenscheid, allwo er in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges das Amt eines Droste, d. h. eines landesherrlich eingesetzten ersten Verwaltungsbeamten mit richterlichen Funktionen bekleidete. Die von Galen sind ein altes Münsterländer Geschlecht.

 

Christoph Bernhard war Mitausrichter der Friedensverhandlungen. Wegen seiner Verdienste? beim Friedenskongress wurde er 1650 Fürstbischof von Münster. Doch müssen die Münsteraner mit ihm nicht zufrieden gewesen sein, denn sie versuchten, ihren Fürsten loszuwerden und strebten den Status einer freien Reichsstadt an. Das führte zum Krieg mit ihrem Bischof, der schließlich 1661 nach achtmonatiger Belagerung die Stadt einnahm. So kam der kriegerische Herr zu seinem Namen Kanonenbernd.

 

 

Im Jahr 805 legte der heilige Liudger den Grundstein zum ersten St. Paulus-Dom, der 1071 durch einen Brand zerstört wurde. Der heutige dritte Dombau begann 1225. Nach den häufigen Zerstörungen z. B. durch die Wiedertäufer (siehe unten) und Bomben im Zweiten Weltkrieg waren immer wieder Neu- und Umbauten notwendig.

 

Vor dem Dom steht ein Denkmal für den Bischof und Kardinal Clemens August Graf von Galen, Ururenkel des Kanonenbernds. Clemens August hatte im 3. Reich anfänglich als guter Katholik und strammer nationaler Aristokrat den Krieg gegen den Bolschewismus bejaht, sich dann aber ab 1941 öffentlich von der Kanzel gegen Gestapo, Euthanasie und Judenverfolgung ausgesprochen: Was allein uns retten kann, dass wir die Gebote Gottes zur Richtschnur unseres Lebens machen.

 

Der Löwe von Münster überlebte das 3. Reich, wohl nur deshalb, weil das Naziregime keinen Kardinal-Märtyrer brauchen konnte. Clemens' Motto: Nec laudibus nec timore (Nicht Lob noch Furcht).

 

 

Auch wenn sich die Niederländer in Münster 1648 vom Reich trennten, so zieht es sie doch immer wieder in diese Stadt wohl wegen einer religiösen Bewegung, die hundert Jahre vorher den Religionskonflikt zwischen Katholiken und Protestanten radikalisierte. Die Sekte der Wiedertäufer war besonders in den Niederlanden aktiv und exportierte seinerzeit ihre Ideen ins benachbarte Münster.

 

Ich schloss mich einer holländischen Reisegruppe an und hörte aus berufenem Munde die Kunde vom Niederländer Jan Mathys dem selbsternannten Propheten der Wiedertäufer. Als er seine Botschaft nach Münster bringt, fällt sie sofort auf fruchtbaren Boden.

 

Im Jahre 1534 übernehmen die Wiedertäufer die Stadt und rufen das Reich Zion aus. König dieser Theokratie wird Jan van Leyden, der in Münster gegenüber religiösen Abweichlern bald schlimmer agiert als die spanische Inquisition. Nach Belagerung und Rückeroberung der Stadt durch den Bischof von Münster und Osnabrück, Franz von Waldeck, werden im Januar 1536 Jan van Leyden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling auf dem Prinzipalmarkt mit glühenden Zangen gerissen und schließlich erdolcht. Noch heute hängen am Turm der Lambertikirche die Käfige, in denen ihre Leichen zur Schau gestellt wurden.

 

 

Links: Lambertikirche am Prinzipalmarkt.
Die eisernen Käfige der Wiedertäufer im Turm sind kaum auszumachen.

 

 

Erholung von all den Erlebnissen fand ich am Abend bei Pinkus Müller. Mit Blick auf die sonnenbeschienene gotische Überwasserkirche bestellte ich die mir aus meiner Kindheit bekannte Münsterländer Spezialität Wurst und Wurstebrot und trank dazu ein oder auch zwei helle Altbier.

 Die auch Liebfrauen-Überwasser genannte Kirche liegt westlich des St.-Paulus-Doms auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Aa, also Über dem Wasser. Sie wurde erstmals im Jahre 1040 in Anwesenheit König Heinrichs III., zahlreichen Reichsfürsten und zwölf Bischöfen ad Beatam Mariam Virginem sub Titulo Nativitatis geweiht. Die heutige Kirche stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Die Wiedertäufer stürzten die Spitze und montierten auf der Plattform des Turms Kanonen, um Münster gegen die Waldecksche Belagerung besser verteidigen zu können. Dazu rissen sie auch die gotischen Steinfiguren vom Westportal herunter und verstärkten damit die Wälle der Stadt.

Der folgende Morgen begann mit der Reparatur meines Rades. Allein mit Bordmitteln musste ich einen geplatzten Schlauch auswechseln, bevor ich ins nahe gelegene Telgte radeln konnte, um dort die Teilnehmer der Radeltour 2006 zu treffen.

 

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