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Der Mythos der deutschen Atombombe

 

 

 

 

Werner Heisenberg 1959

 

Die moralische Position

 

Nach dem Krieg hatten die Amerikaner die deutschen Atomwissenschaftler im Rahmen der ALSOS-Mission (Die Mission ist wurde nach General Groves benannt, denn Alsos bedeutet griechisch Hain.) in England interniert, jedoch nicht als Kriegsgefangene, sondern nach altem englischen Recht konnten sie als Gäste Ihrer Majestät während sechs Monaten in Gewahrsam genommen werden.

 

Als dort die deutschen Wissenschaftler im Radio vom Atombombenabwurf auf Hiroschima erfuhren, beschimpfte der Chemiker Otto Hahn in einer ersten Reaktion seine anwesenden Physikerkollegen als zweitklassig. Als er aber dann von der verheerenden Wirkung der Bombe hörte, ging er mit Selbstmordgedanken um. Während die Deutschen noch in Farm Hall interniert waren, erhielt Hahn 1946 ironischerweise den Nobelpreis des Jahres 1944 zugesprochen für seine Experimente, die zur Atombombe führten.

 

Die deutschen Physiker haben dann später immer darauf hingewiesen, wie erleichtert sie seien, die Bombe nicht haben bauen zu müssen.

 

Es war Heisenberg, der nach dem Krieg weiterhin im Mittelpunkt stand. Auch lange Jahre danach nahm ihm der Großteil der internationalen Physikergemeinschaft nicht so sehr seine Vaterlandsliebe während des Naziregimes, sondern seine dürren und, wie sie meinten, häufig moralisierenden Äußerungen zum deutschen Atombombenprojekt übel. Hatte Heisenberg etwas zu verbergen oder hatte sein Gespräch mit Bohr ihn gelehrt, dass ungeschickte Formulierungen eine Situation nur verschlimmern können?

 

So müssen wir uns an die in der der Erinnerung sicherlich verklärte Stellungnahme zur Atombombe halten, die der später vom Physiker über den Philosophen zum Friedensforscher mutierte Carl Friedrich von Weizsäcker so formulierte:

 

Man muss verstehen, dass es für die amerikanischen Physiker, die sich vielfach durch die Atombombe selbst in ihrem Gewissen bedrängt fühlen, eine zu große Anforderung ist, öffentlich (in vielen Fällen auch nur vor dem eigenen Bewusstsein) zuzugeben, dass die deutschen Physiker sich über die moralische Seite der Sache schon früher ausführlichere Gedanken gemacht haben als die meisten von ihnen. Auch finde ich uns Deutsche nicht in einer Lage, die uns das Recht geben könnte, irgendeinen Anspruch dieser Art öffentlich zu erheben. Während ich in der Tat meine, dass wir schon sehr früh über das moralische Problem der Atombomben nachgedacht und dass wir in dieser Hinsicht im Krieg jedenfalls nichts getan haben, was wir uns heute vorwerfen müssten, finde ich, dass wir als Nation und im allgemeinen auch als Einzelperson das moralische Problem des Nationalsozialismus zu wenig gemeistert haben, als dass wir uns jetzt aufs hohe Ross setzen könnten. Dazu kommt, dass in der Tat die Erkenntnis unserer technischen Unfähigkeit, im Krieg Atombomben herzustellen, uns die eigentliche moralische Entscheidung erspart hat. Wie wir uns verhalten hätten, wenn wir die Bomben wirklich hätten machen können, wage ich nicht zu sagen. Ich vermute, wir wären mit uns selbst ebenso uneins gewesen, wie es inzwischen die amerikanischen Physiker sind. Deshalb haben Heisenberg und ich immer die Form gewählt, öffentlich nur zu sagen, dass wir die Bomben nicht machen konnten und dass wir froh darüber waren.

 

 

 

Allerdings bleibt trotz oder gerade wegen dieser Äußerung die Position der deutschen Forscher zum Bau der Atombombe letztlich ambivalent: Konnten sie und wollten sie nicht die Bombe bauen, wie Robert Jungk meint, oder wollten sie nicht und konnten sie nicht, eine Position, die in etwa Thomas Powers vertritt, oder wollten sie und konnten nicht, wie ihnen Paul Lawrence Rose in seinem Buch unterstellt. 

 

 

This page was last updated on 07 August, 2018